
Rechtliche Aspekte für Temporärarbeitende: Rechte und Pflichten in der Schweiz
Murilo de Melo, 14. Sept. 2024

Temporärarbeit, auch bekannt als Leiharbeit oder Zeitarbeit, ist in der Schweiz eine häufig genutzte Beschäftigungsform. Temporärarbeitende übernehmen befristete Aufgaben bei verschiedenen Unternehmen, wobei sie über eine Personalverleihfirma angestellt sind. Diese Art der Arbeit bietet Flexibilität, aber auch rechtliche Herausforderungen, die man verstehen sollte. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten rechtlichen Aspekte, Rechte und Pflichten, die für Temporärarbeitende in der Schweiz relevant sind, und wie sie ihre Sozialversicherungen optimieren können.
Rechte und Pflichten von Temporärarbeitenden
Temporärarbeitende haben Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der alle wesentlichen Arbeitsbedingungen regelt. Dieser Vertrag sollte klar die Dauer des Einsatzes, die zu leistende Arbeit, das Entgelt sowie die Arbeitszeiten festlegen. Eine wichtige Quelle hierzu ist Swissstaffing, der Verband der Schweizer Personaldienstleister, der wertvolle Informationen zu den Rechten und Pflichten von Temporärarbeitenden bietet. Der Arbeitsvertrag muss alle gesetzlichen Vorgaben gemäss dem Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) erfüllen.
Ein temporärer Arbeitsvertrag kann auf bestimmte Zeit oder unbefristet sein. Wichtig ist, dass Temporärarbeitende dieselben Arbeitsrechte geniessen wie festangestellte Mitarbeitende, das schliesst auch den Kündigungsschutz ein. Sie können nicht willkürlich entlassen werden und haben, abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses, Anspruch auf bestimmte Kündigungsfristen.
Arbeitsbedingungen und Lohn
Temporärarbeitende haben Anspruch auf faire Arbeitsbedingungen, die vergleichbar mit denen der Festangestellten sind. Das betrifft vor allem den Lohn, die Arbeitszeiten und Pausenregelungen. Der Mindestlohn und die Arbeitszeiten richten sich nach dem geltenden Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Branche, in der der Temporärarbeitende tätig ist. Swissstaffing hat dafür spezifische Regelungen im GAV Personalverleih festgelegt, die sicherstellen, dass Temporärarbeitende fair entlohnt werden.
Sozialversicherungen sind ein zentraler Bestandteil des Schweizer Sozialsystems, und Temporärarbeitende haben Anspruch auf die gleichen Sozialversicherungen wie festangestellte Mitarbeitende. Dazu gehören die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV), die Arbeitslosenversicherung (ALV) sowie die berufliche Vorsorge (BVG):
Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV): Die AHV ist obligatorisch und wird automatisch vom Lohn abgezogen. Temporärarbeitende sollten jedoch sicherstellen, dass alle Sozialversicherungsbeiträge korrekt berechnet und an die zuständigen Stellen abgeführt werden. Eine Möglichkeit, Sozialversicherungen zu optimieren, besteht darin, freiwillige Einzahlungen in die Säule 3a zu leisten, eine private Vorsorgeform, die steuerlich absetzbar ist und eine gute Ergänzung zur staatlichen und beruflichen Vorsorge darstellt.
Berufliche Vorsorge (BVG): Auch Temporärarbeitende sind verpflichtet, sich an der beruflichen Vorsorge zu beteiligen, sobald sie einen Jahreslohn von über CHF 22'050 verdienen (Stand 2023). Wenn Sie mehrere temporäre Einsätze haben, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Einsätze auf die BVG-Beiträge angerechnet werden. Es ist empfehlenswert, regelmässig Ihre Vorsorgeleistungen zu prüfen, um sicherzustellen, dass Sie keine Lücken in Ihrer beruflichen Vorsorge haben.
Am Ende dieses Artikels finden Sie die nötigen Schritte, um Ihre Vorsorgeleistungen in der Schweiz zu überprüfen.
Unfallversicherung (UVG)
Temporärarbeitende sind durch ihre Anstellung bei einem Personalverleiher obligatorisch gegen Unfälle versichert, und zwar sowohl für Betriebs- als auch Nichtbetriebsunfälle. Bei Einsätzen in risikoreichen Branchen (z.B. Baugewerbe) ist es wichtig, dass die Versicherung alle eventuellen Risiken abdeckt. Swissstaffing und der GAV Personalverleih gewährleisten eine umfassende Unfallversicherung für Temporärarbeitende.
Arbeitslosenversicherung (ALV)
Auch Temporärarbeitende zahlen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (ALV) und haben somit Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dies ist besonders für Temporärarbeitende wichtig, da es Zeiten ohne Einsatz geben kann.
Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld:
Mindestens 12 Monate Beitragszahlung innerhalb der letzten 2 Jahre.
Bereitschaft, neue Einsätze anzunehmen.
Kündigungsfristen
Die Kündigungsfristen für Temporärarbeitende sind gesetzlich geregelt und variieren je nach Einsatzdauer:
In den ersten drei Monaten des Einsatzes beträgt die Kündigungsfrist 2 Tage.
Ab dem vierten Monat beträgt sie eine Woche.
Nach einem Jahr beträgt die Kündigungsfrist einen Monat.
Urlaubsanspruch
Temporärarbeitende haben Anspruch auf bezahlten Urlaub, der oft prozentual zum Lohn ausgezahlt wird. Laut dem Schweizer Arbeitsrecht stehen allen Mitarbeitenden mindestens 4 Wochen Urlaub pro Jahr zu, für unter 20-Jährige sogar 5 Wochen.
Pflichten der Temporärarbeitenden
Neben den Rechten haben Temporärarbeitende auch Pflichten. Zu den wichtigsten gehören:
Sorgfaltspflicht: Temporärarbeitende müssen ihre Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt ausführen, besonders in sensiblen Bereichen wie der Operationstechnik und Anästhesiepflege.
Pflicht zur Einhaltung der Arbeitszeiten: Auch Temporärarbeitende sind verpflichtet, ihre vertraglich festgelegten Arbeitszeiten einzuhalten.
Meldepflicht bei Krankheit: Bei Krankheit müssen Temporärarbeitende den Arbeitgeber sofort informieren und ein ärztliches Attest einreichen, um ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung zu sichern.
Schutz vor Diskriminierung
Temporärarbeitende haben ebenso wie Festangestellte Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung. Dies umfasst Schutz vor Benachteiligungen aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft oder Religion. Im Falle einer Diskriminierung können Temporärarbeitende rechtliche Schritte einleiten und sich an Gewerkschaften oder Schlichtungsstellen wenden.
Nützliche Tipps
Regelmässige Überprüfung des Vertrags: Achten Sie darauf, dass Ihr Vertrag regelmässig aktualisiert und überprüft wird, insbesondere bei längerfristigen Temporäreinsätzen.
Rechtsberatung in Anspruch nehmen: Sollten Sie sich unsicher bezüglich Ihrer Rechte oder Pflichten sein, empfiehlt sich eine Beratung bei einer Gewerkschaft oder einem Rechtsanwalt, der sich auf Arbeitsrecht spezialisiert hat.
Schutz vor Diskriminierung: Wenn Sie das Gefühl haben, ungleich behandelt zu werden, sollten Sie sich umgehend an Ihre Gewerkschaft oder das kantonale Arbeitsamt wenden.
Weiterbildungsmöglichkeiten für Temporärarbeitende
Weiterbildung ist für Temporärarbeitende besonders wichtig, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Swissstaffing, der Verband der Schweizer Personaldienstleister, hat klare Regelungen und Empfehlungen in Bezug auf die Rechte von Temporärarbeitenden bei Weiterbildungen. Im Rahmen des Gesamtarbeitsvertrages (GAV) Personalverleih haben Temporärarbeitende Anspruch auf gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten, um ihre berufliche Entwicklung zu fördern. Dabei werden sowohl die Finanzierung als auch die Pflichten der Arbeitgeber geregelt.
Rechte von Temporärarbeitenden bei Weiterbildungen
Weiterbildungsfonds temptraining: Temporärarbeitende haben das Recht, über den Weiterbildungsfonds temptraining finanzielle Unterstützung für ihre berufliche Weiterbildung zu erhalten. Dieser Fonds deckt eine breite Palette von Weiterbildungen ab, die die Arbeitsmarktfähigkeit von Temporärarbeitenden verbessern. Temporärarbeitende können bis zu CHF 5'000 für Kursgebühren und bis zu CHF 2'300 für Lohnausfall beantragen, je nachdem, wie viele Monate sie temporär gearbeitet haben.
Anspruchsvoraussetzungen:
Temporärarbeitende müssen mindestens 176 Einsatzstunden innerhalb eines Jahres gearbeitet haben, um einen Anspruch auf den Weiterbildungsfonds zu haben.
Es ist wichtig, dass die Weiterbildungen berufsbezogen sind und zur Verbesserung der Kompetenzen beitragen.
Weiterbildungsfinanzierung: Die Finanzierung erfolgt durch Beiträge der Temporärfirmen, die einen Teil ihrer Lohnsumme in den Weiterbildungsfonds einzahlen. Temporärarbeitende haben dann die Möglichkeit, nach bestimmten Bedingungen auf diese Gelder zuzugreifen.
Pflichten der Arbeitgeber
Unterstützung und Information: Arbeitgeber im Bereich der Temporärarbeit sind verpflichtet, ihre Mitarbeitenden über ihre Rechte auf Weiterbildung und den Zugang zu den temptraining-Fonds zu informieren. Dazu gehört, dass sie den Temporärarbeitenden die Möglichkeit geben, sich weiterzubilden und ihre beruflichen Fähigkeiten zu verbessern.
Freistellung für Weiterbildungen: Arbeitgeber müssen, je nach vertraglicher Vereinbarung, Temporärarbeitenden für den Zeitraum der Weiterbildung freistellen, wenn dies im Rahmen des GAV vorgesehen ist.
Weitere Vorteile von Weiterbildungen
Durch den temptraining-Fonds und die Unterstützung des GAV Personalverleih wird die berufliche Mobilität von Temporärarbeitenden gestärkt. Sie können durch gezielte Weiterbildungen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen und in ihrem Fachgebiet vorankommen.
Weitere Informationen finden Sie direkt bei Swissstaffing und dem Weiterbildungsfonds temptraining:
Diese Ressourcen bieten detaillierte Informationen zu den Voraussetzungen, den Arten der geförderten Weiterbildungen und dem Antragsprozess.
Fazit
Temporärarbeitern stehen in der Schweiz klare Rechte und Pflichten zu. Dazu gehören faire Lohnansprüche, angemessene Arbeitsbedingungen, und umfassender Sozialversicherungsschutz, einschliesslich Alters- und Unfallversicherung. Weiterhin werden die Rechte auf Weiterbildung und berufliche Entwicklung hervorgehoben, da auch Temporärarbeiter Zugang zu Qualifizierungsmassnahmen haben, um ihre beruflichen Chancen zu verbessern. Gleichzeitig wird betont, dass sie Verpflichtungen wie die Einhaltung der Arbeitszeiten und die Sorgfaltspflichten gegenüber dem Arbeitgeber erfüllen müssen, um ein gerechtes und transparentes Arbeitsverhältnis sicherzustellen.

Vertiefende Ressourcen und weiterführende Informationen
Informationen über Weiterbildungsfonds:
Swissstaffing: der Verband der Temporärarbeitsunternehmen in der Schweiz und eine der Hauptinstanzen für Fragen und Informationen zu den Rechten und Pflichten von Temporärarbeitenden.
Temptraining: ein Weiterbildungsfonds für Temporärarbeitende in der Schweiz.
SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft)
Das SECO bietet ausführliche Informationen zu Arbeitsverträgen, Sozialversicherungen und allgemeinen Arbeitsbedingungen in der Schweiz.
UNIA
Die Gewerkschaft UNIA setzt sich stark für die Rechte von Temporärarbeitenden ein. Sie bietet Informationen über den Gesamtarbeitsvertrag und vertritt Temporärarbeitende in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen.
Kantonale Arbeitsämter
Jeder Kanton in der Schweiz hat ein Arbeitsamt, das bei arbeitsrechtlichen Fragen, Streitigkeiten oder bei der Vermittlung von Sozialleistungen hilft. Temporärarbeitende können sich hier bei spezifischen Fragen bezüglich Arbeitsverträgen und Arbeitsbedingungen beraten lassen.
Vorsorgeleistungen prüfen
Temporärarbeitende in der Schweiz haben mehrere Möglichkeiten, ihre Vorsorgeleistungen zu prüfen und sicherzustellen, dass sie gut abgesichert sind. Hier sind die wichtigsten Schritte und Institutionen, die dabei helfen:
AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung)
Die AHV ist eine staatliche Versicherung, in die alle Erwerbstätigen einzahlen müssen. Um Ihre AHV-Beiträge und die daraus resultierenden Leistungen zu überprüfen, können Temporärarbeitende direkt bei der Ausgleichskasse ihres Wohnkantons oder ihrer Branche einen Kontoauszug anfordern. Dieser Auszug zeigt, welche Beiträge über die Jahre eingezahlt wurden und gibt eine Prognose über die späteren AHV-Leistungen.
BVG (Berufliche Vorsorge):
Die Pensionskasse ist eine weitere wichtige Vorsorgesäule. Temporärarbeitende sollten von ihrem jeweiligen Temporärbüro jährlich einen Pensionskassenauszug erhalten. Dieser Auszug gibt Aufschluss über das angesparte Altersguthaben sowie die voraussichtlichen Leistungen im Pensionsalter. Temporärarbeitende können sich bei Fragen an die Pensionskasse ihres Arbeitgebers wenden oder, falls sie bei mehreren Arbeitgebern arbeiten, die Freizügigkeitskonten prüfen, auf denen ihre Vorsorgegelder während beschäftigungsfreier Zeiten deponiert sind.
Säule 3a (Private Vorsorge)
Die dritte Säule ist eine freiwillige private Vorsorge, in die Temporärarbeitende einzahlen können, um ihre Rentenleistungen zu ergänzen. Um den Stand ihrer Säule 3a zu prüfen, können sie sich an ihre Bank oder Versicherung wenden, bei der sie das Säule 3a-Konto führen. Hier können sie jederzeit den aktuellen Stand der Einzahlungen und die prognostizierten Erträge einsehen.
Mehr Infos: Säule 3a
Unfallversicherung (UVG)
Für die Unfallversicherung sind die Arbeitgeber, also die Temporärbüros, verantwortlich. Temporärarbeitende können sich bei ihrer Personalagentur, wie iSpringer GmbH, nach ihrer aktuellen Unfallversicherungsdeckung erkundigen. Eine Anfrage bei der Unfallversicherung selbst kann ebenfalls genaue Informationen liefern.
Persönliche Beratung
Temporärarbeitende können sich auch an die Pensionskassenberatungsstellen oder an eine spezialisierte Beratungsstelle wie Swisscanto oder Pro Senectute wenden, um eine umfassende Beratung zu erhalten. Diese Institutionen helfen dabei, eine detaillierte Analyse der gesamten Vorsorgesituation durchzuführen und potenzielle Lücken zu identifizieren.
Temporärarbeitende können über diese Wege sicherstellen, dass sie vollständig abgesichert sind und optimal von ihren Vorsorgeleistungen profitieren.
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Quellen
Swissstaffing. (2024) Rechte und Pflichten von Temporärarbeitenden. Available at: https://www.swissstaffing.ch (Accessed: 12. September 2024).
Temptraining. (2024) Weiterbildungsfonds für Temporärarbeitende. Available at: https://www.temptraining.ch (Accessed: 9. September 2024).
PwC. (2024) Temporärarbeit in der Schweiz. Available at: https://www.pwc.ch (Accessed: 14. September 2024).
Bundesamt für Gesundheit (BAG). (2024) Pflegeinitiative und Temporärarbeit. Available at: https://www.bag.admin.ch (Accessed: 13. September 2024).
Unia – Gewerkschaft. (2024) Arbeitsrecht und Temporärarbeit. Available at: https://www.unia.ch (Accessed: 12. September 2024).